Rehabilitation ist nicht an dem Ort möglich, wo Krankheit entstand

Dieser Satz klingt vielleicht im ersten Moment philosophisch – fast wie ein Kalenderspruch.
Doch in meiner Arbeit mit Pferden erlebe ich jeden Tag, dass genau dieser Gedanke den Unterschied zwischen dauerhafter Gesundung und immer wiederkehrenden Problemen ausmachen kann.

 

Was ich damit meine?

 

Dein Pferd kann sich nicht erholen, wenn alles gleich bleibt.

Wenn es Tag für Tag denselben körperlichen und mentalen Belastungen ausgesetzt ist, die es krank gemacht haben, dann kann auch das beste Training, die beste Therapie oder das teuerste Futter nichts daran ändern, dass es immer wieder in den alten Zustand zurückfällt.

 

Typische Beispiele aus der Praxis

  • Haltung, die einschränkt
    zu wenig Bewegung, fehlende Sozialkontakte, ungesunde Böden

  • Training, das mehr kaputt macht als aufbaut
    zu viel Tempo, falsche Hilfengebung, Überforderung oder unausbalancierte Belastung

  • Stress im Alltag
    Lärm, häufig wechselnde Bezugspersonen, Zeitdruck, fehlende Ruhephasen

  • Fütterung, die nicht passt
    Nährstoffmängel, zu energiereich oder zu arm an hochwertigem Raufutter

All das wirkt täglich, dauerhaft, unterschwellig – und verhindert, dass sich Körper und Geist überhaupt auf eine Regeneration einlassen können.

 

Warum „weiter wie bisher“ nicht funktioniert

 

Viele Pferdebesitzerinnen investieren viel Geld und Zeit in Behandlungen – vom Osteopathen über Spezialfutter bis hin zu High-Tech-Trainingsmethoden.
Doch wenn die Ursachen der Probleme bestehen bleiben, wirken all diese Maßnahmen nur kurzfristig.

 

💡 Das Problem:
Der Körper kann nicht regenerieren, wenn er gleichzeitig permanent die alten Belastungen kompensieren muss.
Mentale Entspannung ist unmöglich, wenn der Alltag dieselben Stressreize liefert wie zuvor.

➡️ So entsteht der Teufelskreis: Behandlung – kurze Verbesserung – Rückfall.

 

Rehabilitation braucht Veränderung!

 

Das bedeutet nicht, dass dein Pferd immer komplett „umziehen“ oder das Leben völlig umgekrempelt werden muss.
Aber es bedeutet: Grundlegende Dinge müssen sich verändern.

 

Das kann heißen:

  • Die Haltung pferdegerechter gestalten (mehr Bewegung, mehr Sozialkontakt, besserer Untergrund)

  • Das Training umstellen (weniger schädliche Belastung, mehr Gymnastizierung, gezielter Muskelaufbau)

  • Den Umgang verändern (klarere Kommunikation, weniger Druck, mehr Ruhephasen)

  • Die Fütterung optimieren (angepasste Rationen, hochwertige Raufutterversorgung, gezielte Supplementierung)

  • Deine eigene Haltung überdenken (Erwartungen anpassen, Druck rausnehmen, Geduld entwickeln)

 

Warum dein altes Training in diesem Zustand nicht sinnvoll ist

 

Wenn du dein Pferd im selben Rahmen weiter trainierst wie vor einer Verletzung, Erkrankung oder mentalen Überlastung, dann trainierst du nicht Rehabilitation – sondern Rückfall.

 

❌ Du festigst Bewegungsmuster, die zu Verspannungen oder Fehlbelastungen geführt haben.
❌ Du hältst mentale Stressmuster aufrecht.
❌ Du verschwendest wertvolle Regenerationszeit.

 

Rehabilitation ist nicht: „Wir machen wie vorher, nur etwas leichter.“
Rehabilitation ist: „Wir schaffen neue, gesunde Grundlagen.“

 

Mein Ansatz in der Arbeit mit Pferden

 

Wenn ich ein Pferd übernehme oder begleite, das sich in einer Reha-Phase befindet, stelle ich mir zuerst diese Fragen:

🔍 Was muss sich ändern, damit körperliche und mentale Regeneration überhaupt möglich ist?
🔍 Welche Belastungen müssen wegfallen – und welche positiven Reize müssen dazu?
🔍 Wie kann ich dem Pferd helfen, nicht nur zu heilen, sondern langfristig gesund zu bleiben?

 

Erst wenn die Basis stimmt, können:

  • Muskulatur aufgebaut werden

  • Gelenke und Faszien regenerieren

  • das Nervensystem loslassen

  • Vertrauen zurückkehren

Dann wird aus Rehabilitation keine kurzfristige „Reparatur“, sondern eine nachhaltige Veränderung.

 

Fazit: Gesund werden braucht mehr als Therapie – es braucht einen neuen Rahmen

 

Du kannst die besten Therapeutinnen, das beste Training, das beste Futter haben –
aber wenn die Bedingungen, die dein Pferd krank gemacht haben, dieselben bleiben, wird es niemals vollständig regenerieren.

 

Rehabilitation heißt:

  • Alte, schädliche Muster erkennen

  • Neue, gesunde Strukturen schaffen

  • Dem Pferd Zeit geben, in diesen neuen Zustand hineinzuwachsen

Denn:
Man kann nicht in alten Mustern gesund werden.
Nicht als Mensch. Und erst recht nicht als Pferd.