Das sind die typischen Probleme beim Anreiten junger Pferde – und wie du sie lösen kannst

Das Anreiten ist ein entscheidender Meilenstein im Leben eines Pferdes.
Es ist die Phase, in der sich entscheidet, ob dein Pferd mit Freude und Vertrauen lernt – oder mit Druck, Überforderung und Rückzug.

 

In meiner Arbeit als Pferdetrainerin und Therapeutin sehe ich beim Anreiten junger Pferde immer wieder dieselben drei Fehler. Sie passieren nicht aus Gleichgültigkeit – sondern oft aus Unsicherheit, Ungeduld oder einem Missverständnis über das, was ein junges Pferd in dieser Phase wirklich braucht.

Die gute Nachricht: Wenn du diese Fehler erkennst, kannst du sie bewusst vermeiden – und deinem Pferd einen echten, pferdegerechten Start ins Reitpferdeleben ermöglichen.

 

❌ Fehler 1: Du willst zu schnell zu viel

 

Vielleicht kennst du das: Du möchtest alles „richtig“ machen, Fortschritte sehen, spürbare Entwicklung.
Doch gerade junge Pferde brauchen etwas anderes: Zeit. Geduld. Wiederholung.

Oft sehe ich:

  • täglich neue Übungen

  • schneller Übergang vom Boden in den Sattel

  • hoher Anspruch an Lektionen und Tempo

Doch der Pferdekörper – vor allem in jungen Jahren – baut sich langsam auf. Muskeln, Bänder, Gelenke und vor allem das Nervensystem brauchen Ruhephasen, Wiederholungen und Stabilität.

💡 Was dein Pferd braucht:

  • Zeit, um körperlich mitzukommen

  • Wiederholung, um geistig zu verstehen

  • Geduld, damit sich Tragkraft entwickelt

📌 Warum ist „zu schnell zu viel“ problematisch?
Weil Überforderung zu Stress, Muskelverspannungen, innerer Anspannung und langfristig zu Abwehrverhalten führt.
Ein junger Körper, der überfordert wird, kompensiert – und genau hier entstehen Bewegungsfehler, Schonhaltungen und Vertrauensverluste.

 

❌ Fehler 2: Du denkst, Gewöhnung reicht – und schon ist es ein Reitpferd

 

Das Pferd kennt den Sattel, steht brav beim Aufsitzen, geht ein paar Runden an der Longe mit Reitergewicht?
Dann kann’s ja losgehen – oder?

So einfach ist es nicht.

Reiten ist nicht Gewohnheit – es ist Kommunikation, Koordination und Körperarbeit.
Nur weil ein Pferd „etwas duldet“, heißt das nicht, dass es bereit ist.

💡 Was dein Pferd stattdessen braucht:

  • Eine klare Verbindung zwischen Bodenarbeit und Reiterhilfen

  • Schulung von Gleichgewicht und Körperspannung

  • Eine Person im Sattel, die nicht nur „sitzt“, sondern führt, ausgleicht, unterstützt

📌 Warum ist Gewöhnung nicht genug?
Weil ein Pferd, das nicht versteht, was passiert, entweder innerlich abschaltet (erlernte Hilflosigkeit) oder in Abwehr und Unsicherheit rutscht.
Das Ergebnis: Blockaden, Eile, Taktfehler, Unklarheit – körperlich und emotional.

👉 Ein Reitpferd entsteht nicht durch Reiten – sondern durch gezielte, vorbereitende Ausbildung.

 

❌ Fehler 3: Du „rettest“ dein Pferd aus jeder Schwierigkeit – aus Angst, es zu überfordern

 

Das war für mich persönlich der schwerste Lernprozess.

Denn was auf den ersten Blick empathisch wirkt – das Pferd aus jeder stressigen Situation rauszunehmen – kann langfristig mehr schaden als helfen.

Natürlich soll dein Pferd nicht überfordert, nicht durchgedrückt, nicht überrannt werden. Aber:
Jungpferde müssen lernen, mit Aufregung umzugehen.
Sie müssen erfahren dürfen:
🧠 „Ich bin aufgeregt, aber ich finde zurück in die Ruhe.“
💛 „Ich darf nervös sein, aber mein Mensch ist bei mir.“

💡 Was dein Pferd wirklich braucht:

  • Eine klare, ruhige Führung

  • Das Gefühl: „Ich darf bleiben, auch wenn es kurz schwer wird.“

  • Raum, um sich selbst zu regulieren – nicht durch Rückzug, sondern durch bewusste Begleitung

📌 Warum ist „ständig rausnehmen“ nicht hilfreich?
Weil dein Pferd dann nie lernt, schwierige Situationen innerlich zu verarbeiten.
Es lernt nur: „Wenn ich aufgeregt bin, bricht alles ab.“
Das führt zu Unsicherheit, Fluchtstrategien oder innerem Rückzug – keine guten Grundlagen für spätere Anforderungen.

👉 Klarheit, Ruhe und emotionale Präsenz sind hier gefragt – nicht Druck, aber auch nicht Flucht.

 

Fazit: Das Anreiten ist kein Meilenstein – es ist eine Reise

 

Ein Reitpferd entsteht nicht durch „draufsetzen und losreiten“. Es entsteht durch:

  • Verbindung

  • Vertrauen

  • Verständnis für den individuellen Entwicklungsprozess

Wenn du zu schnell zu viel willst, wirst du Fortschritte vielleicht kurzfristig sehen – aber du verlierst Tiefe und Nachhaltigkeit.
Wenn du dein Pferd nur gewöhnst, aber nicht ausbildest, wirst du keine stabile Basis haben.
Wenn du dein Pferd aus jeder Schwierigkeit „rettest“, nimmst du ihm die Chance, innerlich zu wachsen.

👉 Das Ziel ist nicht, das Pferd zu „machen“. Das Ziel ist, es zu begleiten.
In seiner Entwicklung. In seinem Tempo. Mit deinem feinen Blick, deiner Geduld und deiner inneren Klarheit.

 

Möchtest du dein Jungpferd pferdegerecht anreiten oder suchst du Begleitung für die ersten Schritte unterm Sattel?


Ich begleite euch gerne mit individuell angepasster Ausbildung, Bodenarbeit, Vertrauensarbeit und Sitzschulung – damit dein Pferd nicht „funktioniert“, sondern lernt, dir zu vertrauen.

 

🧡 Für dich und dein Pferd.